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miércoles, 13 de marzo de 2019

VICTORIA SOBRE EL TERRORISMO DE LA INFANTERIA RUSA DE DER sPIEGEL

Der Beutezug

Ein Zug mit Panzern, Granatwerfern und Drohnen rollt durch Russland, erbeutet von "Terroristen" in Syrien. So feiert der Kreml seinen angeblichen Sieg - der Präsident braucht eine bessere Stimmung im Land.
© Saima Altunkaya
Aus Tscheljabinsk berichtet 
SPIEGEL ONLINE
Sie stehen in Reih und Glied am Gleis 1. Junge Soldaten in grünen Uniformen, Kadetten in blauen. Und Kinder in sandfarbener Kleidung und roten Mützen der "Junarmija", der "Jungen Armee". "Gerühmt sei das Land! Wir sind stolz auf dich!", singen sie. Vorne salutiert Generaloberst Alexander Lapin, er steht während der Hymne auf einem der Waggons. Mit dabei ein orthodoxer und ein islamischer Würdenträger, Veteranen, Jugendlichen und Politiker.
Kadetten
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Kadetten
Es hat etwas gedauert, bis der Soldat den Zug besteigt, der am Mittag in den Bahnhof von Tscheljabinsk im Südural gerollt ist. Das Banner mit Säulenmonumenten aus Palmyra, vor dem er nun strammsteht, rutschte immer wieder von einem der Stahlpfosten. Auf dem Bahnsteig befanden sich nicht alle da, wo sie nach Meinung eines Soldaten mit mehreren Sternen auf der Schulterklappe stehen sollten.
"Zurück, aber bitte zerdrücken sie nicht die Kinder", ruft er in die Menge. Denn für die Kinder mache man das schließlich alles, damit sie nicht nur Computerspiele, sondern die Realität anschauten, wie es der Generaloberst ausdrückt. Alles soll perfekt sein in Tscheljabinsk. Aus Jekaterinburg, dem Hauptstandort der Armee in der Region, ist auch extra ein Militär angereist. Er soll der SPIEGEL-ONLINE-Korrespondentin "bei der Arbeit zur Seite stehen", wie er sagt.
"Mobile patriotische Aktion"
"Syrische Wende" heißt der Zug des russischen Verteidigungsministeriums. 18 Waggons ist er lang, 500 "Trophäen", angeblich erbeutet von den Terroristen inSyrien, werden der Armee zufolge ausgestellt: darunter ein Panzer, Geländewagen, das "Dschihad-Mobil" eines Selbstmordattentäters, Transporter, Granatwerfer, selbstgebaute Drohnen, Gewehre, die Rekonstruktion einer Chlorgasanlage.
Seit Ende Februar ist der Zug auf Order von Präsident Waldimir Putin unterwegs. "Die mobile patriotische Aktion", wie eine Moderatorin den Zug in der Bahnhofshalle nach dem Tusch einer Militärkapelle ankündigt, startete in Moskau. In Etappen fuhr er in den Süden auf die von Russland besetzte Krim, nun rollt er ostwärts Richtung Wladiwostok.
Russisches Kind vor Kriegsgerät
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Russisches Kind vor Kriegsgerät
Der Sonderzug soll Russland das zurückgeben, was zuletzt etwas verloren gegangen scheint: Stolz. Stadt um Stadt soll der Patriotismus gestärkt werden, der das Land mit seinen elf Zeitzonen und 146 Millionen Menschen nach dem Willen Putins zusammenhält.
Es ist eine Zehntausende Kilometer lange Tour durch mehr als 60 Städte, die Anfang Mai schließlich zum Tag des Sieges wieder in Moskau endet. "Den Versuch einer neuen Militarisierungswelle" nennt das der kremlkritische Militärexperte Alexander Golz.
Die patriotische Stimmung ist vor dem fünften Jahrestag der Krim-Annexion, die Moskau als "Wiedereingliederung" diese Woche feiert, merklich abgeflaut. Doch ob Syrien die patriotische Wende bringen kann, ist fraglich. Den Krieg verstehen viele nicht - zu weit weg, zu kompliziert erscheint er und will kein Ende nehmen. Dabei begann die russische Operation schon Ende September 2015 und kostet Milliarden Rubel. Putin erklärte 2018 den Sieg über die Terroristen, auch damals verkündete er den Abzug russischer Truppen. Doch noch immer sind sie im Einsatz, wie viele, ist unklar.
Smog und Strahlung
Der Präsident, dessen Umfragewerte zuletzt gefallen sind, musste sich in Ansprachen immer mehr sozialen und wirtschaftlichen Themen widmen: der Armut, den sinkenden Realeinkommen, der schwierigen wirtschaftlichen Lage, der schrumpfenden Bevölkerung. Hinzu kommen Umweltprobleme, welche die Menschen nicht mehr hinnehmen wollen.
Tscheljabinsk, eines der größten Industriezentren des Landes mit Stahl- und Zinkwerk sowie Maschinenbaufabriken, hat gleich mehrere solcher Probleme:
  • Nahe der Millionenstadt sind riesige Mülldeponien entstanden;
  • die benachbarte Atomanlage Majak machte vor eineinhalb Jahren in Zusammenhang mit einer radioaktiven Wolke Schlagzeilen;
  • die Luftverschmutzung ist nach wie vor hoch. Es riecht leicht nach Ruß in der Stadt. Putin nannte Tscheljabinsk im März 2018 einen jener Orte, in denen "die Bewohner die Sonne nicht sehen können".
Die zumindest zeigt sich an diesem Märztag, als Generaloberst Lapin ein etwas anderes Bild von Tscheljabinsk zeichnet: Die Stadt sei eine "tragende Säule der Großmacht Russland". Der Militär schlägt eine Brücke zurück zum "Großen Vaterländischen Krieg", wie der Zweite Weltkrieg in Russland genannt wird. Die Bewohner hätten damals "Heldentaten der Arbeit" begangen, als "kolossale Werke des Schwermaschinenbaus wie aus dem Nichts entstanden".
In Tscheljabinsk wurde unter anderem der "T-34"-Panzer gefertigt, der gegen Hitlers Armee eingesetzt wurde. Er wird noch heute im örtlichen "Garten des Sieges" ausgestellt. Dass in dem Werk, in dem das Kriegsgerät zusammengesetzt wurde, inzwischen weit weniger Menschen arbeiten, sagt der Generaloberst nicht. "Die Tradition unserer glorreichen Siege wird fortgesetzt", ruft er stattdessen.
Selfies mit Waffen
Fotos von den Waffen
SPIEGEL ONLINE
Fotos von den Waffen
Vorne am Zug herrscht Gedränge an einem der gepanzerten Fahrzeug. "Schaut euch die Einschüsse an", ruft ein Junge und zückt sein Mobiltelefon, um Selfies zu machen. Nebenan hält ein junger Soldat in grüner Uniform mit Helm und Weste Besucher ab, auf den Waggon zu klettern. Er steht vor einem umgebauten ehemaligen Uno-Panzerfahrzeug, das die russische Armee auf den Golanhöhen erbeutet haben will. Er war, wie die anderen Soldaten, die den Zug begleiten, in Syrien im Einsatz. Die jungen Männer, Anfang 20 Jahre alt, wollen nicht viel sagen.
Versuch eines Gesprächs:
"Wann waren Sie in Syrien?" - "Vor nicht langer Zeit."
"Was heißt das konkret?" - "Vor Kurzem."
"Wie lange waren Sie da, und wo?" - "Einige Monate. Mehr sage ich nicht."
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Was in der Ausstellung fehlt
Der örtliche Kosaken-Führer erklärt Journalisten von "Swesda", dem Sender des Verteidigungsministeriums, was er mit dem "T-55"-Panzer auf dem ersten Waggon auf sich haben soll. In dem Gerät sowjetischer Bauart klafft ein Loch. Der Panzer stamme aus Georgien, sagt der Kosake. Er sei über die Türkei nach Syrien gebracht worden.
Aus sowjetischen Beständen sind nur wenige Waffen zu sehen. Auf den Erklärungstafeln werden die Maschinengewehre China, Großbritannien, Israel, Frankreich und vor allem den USA zugeordnet. Was angesichts der Verbreitung der Kalaschnikow, dem Sturmgewehr AK-47, verwundert.
Doch ein Veteran, der in Afghanistan gekämpft hat, macht deutlich, worum es geht: Allein Russland stelle sich gegen die Terroristen, die von der internationalen Gemeinschaft unterstützt würden, allen voran Amerika.
Vieles bleibt in dieser Ausstellung unerwähnt - schließlich würde es die Rolle Russlands schmälern:
  • dass neben Moskau unter anderem auch die Türkei und iranische Kämpfer präsent sind;
  • dass die russische Armee nicht nur gegen Islamisten, sondern auch die Opposition vorgeht, die gegen das Assad-Regime kämpft und alle gleichermaßen Terroristen nennt;
  • dass die russische Armee für Bombardierungen, bei denen Tausende Zivilisten starben, verantwortlich ist;
  • dass nicht nur Extremisten, sondern auch Assads Soldaten, Chemiewaffen eingesetzten;
  • dass für Russland, das offiziell keine Bodentruppen in Syrien hat, auch private Söldner ("Wagner-Kämpfer") im Einsatz sind. Dutzende sind nach Angaben von Aktivisten neben den 112 offiziell bestätigten Soldaten gefallen;
Erziehungsprogramm für die Kinder
Lena, die mit ihrer Freundin Maria fröhlich zu den Liedern des Gesangsensembles tanzt, will es ohnehin nicht so genau wissen. "Wer bin ich, die Entscheidung zu der Syrienoperation zu hinterfragen? Das bestimmen diejenigen, die dafür zuständig sind", sagt die Lehrerin, um die 50 Jahre alt.
Ilja Ishik mit seiner Familie
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Ilja Ishik mit seiner Familie
"Wieso wollen wir Syrien befreien?", ruft ein Mann dazwischen. Er stellt sich als Igor, 57 Jahre, vor. "Wir haben hier so viele Probleme, Armut, die Strahlung. Das ist doch alles nur Propaganda für Putin."
Ilja Ishik kennt die Probleme seiner Stadt. Den Syrienzug sieht der 30-jährige Fitnesstrainer als eine Art der Erziehung. Er hat sich frei genommen, um mit seiner Frau und den drei Kindern, vier und zwei Jahre sowie drei Monate, zum Bahnhof zu kommen. "Ich will, dass sie verstehen, dass es Krieg auf dieser Welt gibt." Dass Menschenrechtler kritisieren, dies sei alles andere als kindgerecht, weist er zurück. "Es liegt doch an mir, wie ich es erkläre, dass es Banditen gibt, die mit Waffen Schlimmes anrichten wollen." Vor allem seinen Vierjährigen wolle er auf das Leben vorbereiten.
Ein anderer Vater, Sergej Aidakow, drückt es deutlicher aus. "Mein Sohn soll keine Schwuchtel sein, sondern ein echter Kerl. Beim Militär liegt seine Zukunft."
Mitarbeit: Wladimir Schirokow

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