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sábado, 12 de septiembre de 2020
BERLIN DEFENESTRA A PIO XII LE QUITA SU NOMBRE A UNA CALLE PARA DARSELO A UNA JUDIA
An Papst Pius XII. entzündet sich ein neuer Straßennamen-Streit
Der jüngste Streit über eine Straßenumbenennung in Berlin ist erst wenige Wochen alt. Die einstige Mohrenstraße in Berlin-Mitte soll nun nach dem ersten bekannten Philosophen und Rechtswissenschaftler afrikanischer Herkunft in Deutschland, Anton Wilhelm Amo, benannt werden. Geht es nach den Historikern Julien Reitzenstein und Ralf Balke, steht nun eine neue Umbenennung an. Es geht um die nach dem früheren Papst Pius XII. benannte Pacelliallee im vornehmen Berlin-Dahlem. Die Historiker wollen ihr den Namen der früheren israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir geben.
Hintergrund ist die höchst umstrittene Rolle, die Eugenio Pacelli, wie Pius bürgerlich hieß, während des Nationalsozialismus spielte. Tatsächlich war der damalige Kardinalstaatssekretär Pacelli im Jahr 1933 am ersten außenpolitischen Erfolg der Regierung Hitler maßgeblich beteiligt. Am 20. Juli jenes Jahres, sechs Monate nachdem Deutschland nationalsozialistisch wurde, unterzeichneten Pacelli und Vizekanzler Franz von Papen in Rom das Reichskonkordat zwischen dem Vatikan und Deutschland. Pacelli nahm damit auch einen Propagandaerfolg Hitlers in Kauf.
Reitzenstein und Balke werfen Pacelli zudem vor, die Deportation von Juden in Italien unkommentiert geschehen lassen zu haben. „Weder gab es Proteste, noch hatte er Bischöfe oder Priester dazu aufgefordert, Juden zu helfen“, heißt es auf einer Homepage zur Initiative, deren Inhalte WELT vorab vorliegen. Selbst als Rom von den Alliierten befreit wurde, habe der damalige Papst nicht seine Stimme erhoben. Pius XII. habe zudem aktiv Versuche unterstützt, verurteilten Kriegsverbrechern zu helfen, und etwa um Gnade für einen zum Tode verurteilten Akteur der NS-Vernichtungsmaschinerie gebeten.
Die Initiatoren verweisen des Weiteren auf die Unterstützung von hohen katholischen Geistlichen bei der Flucht der nationalsozialistischen Massenmörder Adolf Eichmann, Josef Mengele und Klaus Barbie und mehrerer Hundert weiterer NS-Kriegsverbrecher nach Südamerika und in den Nahen Osten. Pius‘ Vertrauter Alois Hudal, ein österreichischer Bischof, war einer der Organisatoren dieser „Rattenlinie“.
Die Initiative geht von einer Kenntnis des Papstes von dieser Fluchthilfe aus. „Das macht ihn zum Komplizen all derer, die gesuchten Kriegsverbrechern halfen, sich der Justiz zu entziehen.“ Ob Pius tatsächlich wusste, wem genau über die „Rattenlinie“ zur Flucht verholfen wurde, ist bis heute nicht eindeutig geklärt.
„Gegenentwurf zum absolutistischen Herrscher“
Die Initiatoren der Kampagne wünschen sich, dass mit einer Neubenennung der Allee die einzige israelische Ministerpräsidentin posthum geehrt wird. Eine Golda-Meir-Allee wäre nach der Königin-Luise-Straße tatsächlich erst die zweite Straße in Berlin-Dahlem, die nach einer Frau benannt wird. Bei den Namensgebern der anderen Straßen handelt es sich vorwiegend um konservative Männer, die im 19. Jahrhundert lebten.
Von rund 10.000 Straßen in Berlin sind etwa 3000 nach Männern und nur etwa 500 nach Frauen benannt. In den aktuellen Ausführungsvorschriften zum Berliner Straßengesetz heißt es, dass Frauen verstärkt Berücksichtigung finden sollten.
„Golda Meir hat es als Flüchtlingskind aus einfachen Verhältnissen stammend, als Linke und als Gewerkschafterin an die Spitze einer Regierung geschafft“, sagt Reitzenstein. Meir war im Mai 1948 neben Rachel Cohen-Kagan eine von nur zwei Frauen, die zum Kreis der Staatsgründer gehörten und die israelische Unabhängigkeitserklärung unterzeichneten. Meir wurde im März 1969 zur Regierungschefin gewählt – als weltweit erst vierte Frau in diesem Amt. „Ihre soziale Aufstiegsgeschichte ist ein Gegenentwurf zum Antisemiten und absolutistischen Herrscher Pacelli, dessen Familie vom faschistischen Diktator Mussolini in den erblichen Fürstenstand erhoben wurde.“
Die Initiative verweist darauf, dass Meir bereits im Jahr 1960 den damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin und späteren Bundeskanzler, Willy Brandt, nach Israel eingeladen hatte – fünf Jahre vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem jüdischen Staat und der Bundesrepublik. Und 1973 kam Brandt als sozialdemokratischer Kanzler auf Einladung der Sozialdemokratin Meir nach Israel – als erster deutscher Regierungschef. Dies kann durchaus als Meilenstein in den deutsch-israelischen Beziehungen gewertet werden.
Bereits zum 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen hatte der Kreisverband Mitte der Berliner CDU gefordert, durch die Benennung eines Platzes oder einer Straße Golda Meir zu ehren. Sie habe den jungen Staat Israel maßgeblich mitgeprägt und sei in ihren Staatsämtern und als Botschafterin eine Vorreiterin für Frauen in öffentlichen Ämtern gewesen, hieß es damals von den Christdemokraten. Im nächsten Jahr soll nun ein Golda-Meir-Steg fertiggestellt werden, der das Prestigeviertel Europacity über den Spandauer Schifffahrtskanal mit dem Ortsteil Mitte verbinden wird.